Hyperurikaemie & Gicht

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Harnsäurekristalle
Harnsäurekristalle
Bildquelle: Löffler/Petrides: »Biochemie und Pathobiochemie«
Berlin, Heidelberg, New York: Springer-Verlag, 1997 (6. Aufl.), S. 580

Als Hyperurikämie bezeichnet man eine pathologisch erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut (die physiologischen Werte schwanken zwischen etwa 20 und 73 mg/l Blut = 120 - 440 µmol/l, je nach Alter, Geschlecht und Ernährung). Harnsäure ist beim Menschen die Endstufe des Purin-Abbaus, entsteht also beim Abbau von DNA und RNA. Eine Hyperurikämie führt oft zur Gicht.
Man unterscheidet im wesentlichen angeborene Formen (aufgrund von Stoffwechselstörungen, primäre Gicht) von der erworbenen (= sekundären) Gicht. Die primäre Gicht entsteht meist durch eine verminderte renale Harnsäureausscheidung, seltener durch erhöhte Harnsäuresynthese bzw. gesteigerten Purinabbau. Eine sekundäre Gicht tritt bei vermehrtem Zelltod (insbesondere im hämopoetischen System bei myeloischer und lymphatischer Leukämie oder Polycythaemia rubra vera, sowie bei Psoriasis), bei Anämien infolge ineffektiver Erythropoese (megaloblastäre Anämie) oder bei Nierenfunktionsstörungen auf.

Infolge des erhöhten Harnsäurespiegels im Blut fallen in verschiedenen Geweben Urate (Salze der Harnsäure) aus. Lagern sich Natriumurat-Kristalle in den Gelenken ab, kommt es zu Gichtanfällen. Die ersten akuten Gichtanfälle treten in zwei drittel der Fälle am Großzehengrundgelenk auf. Sie äußern sich in heftigen Schmerzen, starker Entzündung und Schwellung des betroffenen Gelenkes und leichtem Fieber. Im Laufe von einigen Jahren geht die Gicht in die chronisch-tophäre Phase über. Es entstehen vermehrt sich verdickende Uratablagerungen an Ohrknorpel, Nasenflügel, Schleimbeutel und vielen Gelenken ("Gelenktophi"). An den Gelenken kommt es dabei zu irreversiblen Schädigungen.
Sofern keine Niereninsuffizienz vorliegt, kommt es bei der Hyperurikämie zu einer vermehrten Harnsäureausscheidung durch die Niere. Es können sich Konkremente aus Harnsäure bilden. Je nach pH-Wert fällt freie Harnsäure bzw. bei pH-Werten > 6 das Natrium- oder Ammoniumsalz der Harnsäure aus (letzteres nur bei hohen Ammoniumkonzentrationen).

 Gichttophy
Gichttophi an der Ohrmuschel
Bildquelle: Kaiser-Karl-Klinik, Bonn

Therapie:

Zu den wichtigsten Maßnahmen bei erhöhtem Harnsäurespiegel gehört die Reduktion der Purin-Zufuhr. Besonders purinreich sind Innereien, diese sollte man daher meiden. Auch Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte und Hülsenfrüchte sind purinreich. Begünstigt wird die Gicht durch Übergewicht und gesteigerten Alkoholkonsum.
Viel trinken! Mit einer vermehrten Flüssigkeitsausscheidung wird auch mehr Harnsäure ausgespült, die Gefahr eines Steinleidens sinkt.

Je nach Ursache der Hyperurikämie kommen unterschiedliche Medikamente zum Einsatz:
Bei einem akuten Gichtanfall werden meist nichtsteroide Antiphlogistika und ggf. Colchicin gegeben. Das Alkaloid Colchicin reduziert die Phagozytoseaktivität der Leukozyten und damit die Freisetzung von Nukleinsäuren im Organismus.
Zur Langzeittherapie sind Medikamente geeignet, die die Bildung von Harnsäure hemmen (z.B. Allopurinol) oder deren Ausscheidung steigern (z.B. Benzbromaron). Beim Einsatz von Benzbromaron kommt es bis zur Einstellung eines neuen, niedrigeren Harnsäurespiegels zu einer stark vermehrten Harnsäureausscheidung. Dies kann sich über Monate hinziehen. Um eine Steinbildung zu verhindern, wird der Wirkstoff zunächst in kleinen Dosen gegeben und langsam die Dosis gesteigert. Allopurinol hemmt die letzte Stufe des Purin-Abbaus: die Oxidation von Xanthin zur Harnsäure. Xanthin ist etwas besser wasserlöslich als Harnsäure und wird von der Niere leichter ausgeschieden. In seltenen Fällen kann es jedoch bei dieser Therapie zur Bildung von Xanthinsteinen kommen.

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